Iwalewahaus trauert um Georgina Beier

Georgina Beier
*08.1938 (London) – 11.07.2021(Sydney)

Das Iwalewahaus trauert um Georgina Beier, die am 11. Juli 2021 in Sydney (Australien) verstarb. 1981 gründeten sie und Ulli Beier das Iwalewahaus in Bayreuth als Raum der Begegnung von Künstler:innen und Werken. Gemeinsam gestalteten sie das Profil des Hauses und gaben ihm seinen programmatischen Namen aus dem Yoruba: Iwalewa, Charakter ist Schönheit. Georgina Beier prägte sowohl den inhaltlichen Charakter des Hauses als auch seine ästhetische Ausrichtung maßgeblich – ihre Ideen von künstlerischer Gemeinschaft und sinnlichen Zugängen zu Kunst und Kultur bestimmen die Arbeit des Iwalewahaus bis heute.
Georgina Beier war freundschaftlich mit vielen Kolleg:innen verbunden und pflegte bis zu ihrem Tod enge Kontakte zum Haus. Das Team des Iwalewahaus sowie langjährige Freund:innen und Weggefährt:innen in Bayreuth und der Welt nehmen in Dankbarkeit Abschied von Georgina Beier, einer beeindruckenden Malerin, Grafikerin und Bildhauerin. Unser tiefes Mitgefühl gilt ihrer Familie. Wir teilen in ihrem Andenken einen Nachruf von unserer Mitarbeiterin Katharina Greven, die im Rahmen ihrer Forschung viel Zeit mit Georgina Beier verbrachte.
Gemeinsam leben: In Memoriam Georgina Beier
Von Katharina Greven


Manche Menschen leben mit und in Bildern, mit den damit verbundenen Erinnerungen, Emotionen und Menschen, die das eigene Leben, das eigene Schaffen verändert und lebenswert gemacht haben. Georgina Beier war solch ein Mensch. In ihrem Haus in Sydney, ihrer letzten Lebensstation, umgab sie sich mit Bildern, die sie mit ihrer Zeit in Osogbo (Nigeria) und Port Moresby (Papua Neuguinea) verbanden. Eigene Arbeiten hingen neben Fotografien, auf denen ihre Familie zu sehen war, Kunstwerke neben Alltagsgegenständen und handschriftlichen Notizen. Gemeinschaft und Teilhabe im weitesten Sinne waren ihr wichtig, ja waren für ihr Schaffen und ihr Selbstverständnis als Künstlerin von zentraler Bedeutung. Dass dies in ihren letzten Jahren nur eingeschränkt, wenn überhaupt, möglich war, machte ihr sehr zu schaffen.
1959 kam die junge britische Künstlerin nach Zaria, in den Norden von Nigeria, bereit sich auf eine ihr fremde Kunstszene einzulassen. In Osogbo, dem Ort, mit dem ihr Name meist verknüpft wird, fand sie ihren Ort der Zugehörigkeit. Dort heiratete sie Ulli Beier und leitete ab dem Jahre 1964 bis 1967 eine Reihe von Workshops, die internationale Aufmerksamkeit erhielten. Die ihr darin von einer Kunstgeschichte zugeschriebene dominierende Rolle wies sie immer wieder entschieden von sich, denn für sie waren diese Workshops Orte der Zusammenarbeit, in der sich alle Beteiligten gegenseitig veränderten und miteinander auf eine künstlerische Reise gingen. Ihre eigenen Arbeiten, die in der Folgezeit entstanden und eine Veränderung ihrer Formensprache zeigen, zeugen davon, ebenso wie langjährige tiefe Freundschaften, von denen sie auch in hohem Alter immer wieder erzählte.
1967 zog Georgina Beier mit ihrer Familie nach Port Moresby, einem weiteren ihrer Sehnsuchtsorte, mit dem sie zahlreiche Erinnerungen und enge Freundschaften verband. Anders als ihr Mann Ulli Beier näherte sie sich ihrer Umgebung allumfassend sensorisch. Gerüche, Geschmacksempfindungen, das Fühlen der Umgebung auf der Haut — all dies gehörte zu Georginas Erfahrungswelt, die immer wieder die Gemeinschaft, ihre stetig wachsende Familie miteinschloss. Gemeinsam essen, gemeinsam schaffen, also gemeinsam leben waren ihr ein Bedürfnis, das sie auch in der Zeit ab 1981 im Iwalewahaus in Bayreuth verwirklichte. Nicht nur hier pflegte sie die enge Verbindung zu den Künstler:innen und war für den sinnlichen Aspekt jeder Ausstellung, jeder Begegnung, jedes Hauses, in dem die Familie Beier lebte, verantwortlich.
Ich traf Georgina das erste Mal im Jahre 2012 in Bayreuth und besuchte sie in den kommenden Jahren mehrere Male in Sydney. Auch half ich ihr den fotografischen Nachlass ihres Mannes zu packen, sowie ihr eigenes Archiv über ihren Werdegang als Künstlerin. Ihre Geschichten um diese Bilder herum und die langen Nächte auf der Veranda mit einem Gin Tonic in der Hand werde ich nicht vergessen. Sie war eine Freundin, eine außergewöhnliche Künstlerin und eine Zeitzeugin. Nun ist sie von uns gegangen, alleine in einer Zeit, in der Einsamkeit und soziale Distanz dominieren. Ihre Bilder werden uns weiter begleiten und ihre Geschichte erzählen. Ich werde sie vermissen.

Georgina Beier (1938-2021), 1974 in Sydney,
Photo by Heidi Herbert
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